Und die Tage vergehen, langsam und zäh und unheimlich schnell.

Mittwoch, der 16. April im Lockdown-Gebiet Südtirol. Wie fühlt sich das an? Teil 6

Der Tag, an dem du den Krankenwagen hast sehen kommen, vom Fenster aus langsam über die leere Straße, liegt drei Wochen zurück. Dieses Bild ist eingeprägt: Wie der Wagen hält, eine Frau und ein Mann in Schutzanzügen aussteigen und den Kranken zum Auto begleiten. Zusammen mit den Kindern rufst du noch einen Gruß nach unten, winkst und bleibst mit deinen Gedanken zurück.

Und du wartest. Du trinkst deinen Kaffee am Morgen, wie immer. Aber er schmeckt anders. Nichts schmeckt mehr, du hast auch keinen Hunger. Du hast die Bilder im Kopf, die du gesehen hast. Und die Nachrichten, die du gelesen hast. Und du weißt, dass jetzt alles zerbrechen kann, einfach so.

Und du hörst, dass Menschen andere beobachten und Fotos davon ins Netz stellen. Wie schnell es gehen kann, denkst du. Und draußen fährt ein Traktor vorbei und kein Flugzeug hinterlässt Kondensstreifen am Himmel.

Und du siehst die tägliche Pressekonferenz und wie der Landeshauptmann mit jeder neuen Verkündigung älter aussieht. Und dann liest du, dass Deutschland Milliarden in seine Wirtschaft pumpen will. Und du spürst, dass Europa vielleicht schon bald ein ganz anderes sein wird.

Und dann sucht dein Kind sein Fahrrad. Und du erinnerst dich: Es steht in der Garage, neben seinem Rad. Ein paar Tage, bevor der Krankenwagen gekommen ist, seid ihr noch zusammen gefahren. Und neben dem Rad lehnen die Skier an der Wand und das Snowboard. Ich kenne niemanden, der mit 70 noch Snowboard fährt. Und wie du fährst! Die Hernegg seid ihr zwei zuletzt noch zusammen nach unten gefahren und habt euch die besonders steilen Stellen ausgesucht.

Und draußen vor der Tür liegt ein Strauß Blumen.

Und du erinnerst dich, wie du, es war noch tiefer Winter, einen Artikel über ein seltsames Virus gelesen hast, und daran, wie sicher und unangreifbar du dich hier in deinem Leben fühltest.

Und die Tage vergehen, langsam und zäh und unheimlich schnell.

Und dann, ein Anruf und die Hoffnung, dass alles gut wird. Und du denkst an all die anderen, die diesen Anruf nicht bekommen.

Und dann sagst du dir: Wie schön doch das Leben sein kann. Selten hast du es so gespürt wie in diesem Moment.

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